 | Karl Wolfskehl  wurde 1869 in Darmstadt geboren. Er entstammt einer alteingesessenen jüdischen Familie Hessens, studierte Germanistik in Berlin, Leipzig und Gießen. Entscheidend für seinen Lebensgang war die Freundschaft mit Stefan George, an dessen »Blättern für die Kunst« er seit 1894 mitarbeitete. Gemeinsam mit George gab er 1901 bis 1903 »Deutsche Dichtung« in drei Bänden heraus. Seit 1903 lebte er in München, sein Haus in Schwabing war ein Sammelpunkt des George-Kreises, gleichzeitig bildete es eine weltoffene Stätte des Münchener geselligen Lebens. 1933 ging Karl Wolfskehr ins Exil nach Italien, 1938 nach Neuseeland, dort starb er 1948 in Bayswater/Auckland.
Karl Wolfskehl ist neben Stefan George die stärkste dichterische Potenz im Kreis der »Blätter für die Kunst«. Bereits sein Frühwerk, das in den »Gesammelten Dichtungen« (1903) publiziert wurde, zeigt neben dem Einfluß Georges durchaus eigenständige Züge, die vor allem in der Wahl von Stoffen aus der dionysischen Sphäre, in der Neigung zu Hymnus und Dithyrambus zutage treten. Apokalyptische Visionen stehen im Mittelpunkt des Bandes »Der Umkreis« (1927). Der Dichter hält im Stile der Propheten des Alten Testaments ein Strafgericht über seine Zeit, die Kühnheiten der Wortfügung und die Kraßheit der Bilder bezeugen eine Nähe zum Expressionismus, von dessen Protagonisten Karl Wolfskehl sich scheidet durch seine archaische Sprachgewalt und den Rückgriff auf frühe Mythen und Kulturen. Das erste Buch seiner Exildichtung, »Die Stimme spricht« (1934), ist bestimmt von der Besinnung auf jüdisches Schicksal und jüdische Tradition. In dem letzten Gedichtband »Die drei Welten und das Lebenslied« gelingt dem Dichter die große Synthese: die drei Überlieferungen, aus denen sein Werk schöpft, die deutsche, die jüdische und die mediterrane, sind ineinander verwoben, neben Versen von größter Bilderfülle und Farbenpracht stehen tragisch ekstatische Anrufungen und liedhaft schlichte Gebilde, in denen der Dichter, den es »auf Erdballs letzten Inselriff« verschlagen hat, um die verlorene Heimat trauert.
Mit der Gesamtausgabe der Gedichte von Karl Wolfskehl macht die Edition Arnshaugk das Werk eines Autors wieder zugänglich, der in Versen von starker Eigenwilligkeit und enormer Sprachkraft eine Welt geschaffen hat, die ebenso schroff wie monumental in der vielfach von Bescheidung und Verzicht geprägten lyrischen Landschaft unseres Jahrhunderts ragt. |